Betreff
Entscheidung über den Verzicht auf die Erstellung eines Gesamtabschlusses für das Haushaltsjahr 2023
Vorlage
20/677/2024
Aktenzeichen
20 913-02
Art
Beschlussvorlage öffentlich

Vorschlag der Verwaltung:

 

„Es wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Befreiung von der Pflicht zur Aufstellung eines Gesamtabschlusses gemäß § 116a der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW) für die Stadt Sassenberg für das Haushaltsjahr 2023 vorliegen. Auf die Erstellung bzw. Aufstellung eines Gesamtabschlusses für die Stadt Sassenberg für das Haushaltsjahr 2023 wird verzichtet.“


Im Zusammenhang mit der Reform des kommunalen Haushalts- und Rechnungswesens, also der normierten Umstellung vom System der Kameralistik auf das System der doppelten Buchführung, hat der Gesetzgeber die Gemeinden auch zur Aufstellung von Gesamtabschlüssen verpflichtet. Durch das Gesetz über ein Neues Kommunales Finanzmanagement für Gemeinden im Land Nordrhein-Westfalen (Kommunales Finanzmanagementgesetz NRW - NKFG NRW) vom 16. November 2004 wurde in die Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW) in § 116 aufgenommen, dass die Gemeinde in jedem Haushaltsjahr für den Abschlussstichtag 31. Dezember einen Gesamtabschluss aufzustellen hat.

 

Nach § 116 Absatz 2 GO NRW in der zurzeit geltenden Fassung besteht der Gesamtabschluss aus 1. der Gesamtergebnisrechnung, 2. der Gesamtbilanz, 3. dem Gesamtanhang, 4. der Kapitalflussrechnung und 5. dem Eigenkapitalspiegel. Darüber hinaus hat die Gemeinde einen Gesamtlagebericht aufzustellen. Zum Zwecke der Aufstellung des Gesamtabschlusses sind nach § 116 Absatz 3 Satz 1 GO NRW die Jahresabschlüsse aller verselbständigten Aufgabenbereiche in öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Form mit dem Jahresabschluss der Gemeinde zu konsolidieren, sofern im Gesetz oder durch Rechtsverordnung nicht anderes bestimmt ist.

 

Nach § 2 Absatz 1 Satz 1 des Gesetzes zur Einführung des Neuen Kommunalen Finanzmanagements für Gemeinden im Land Nordrhein-Westfalen (NKF Einführungsgesetz NRW
- NKFEG NRW) vom 16. November 2004 hatten Gemeinden und Gemeindeverbände spätestens zum Stichtag 31. Dezember 2010 den ersten Gesamtabschluss nach § 116 der Gemeindeordnung aufzustellen.

 

Für die Stadt Sassenberg sind bislang die Gesamtabschlüsse für die Haushaltsjahre 2010 bis 2017 aufgestellt und bis zum Gesamtabschluss für das Haushaltsjahr 2017 auch durch den Rat bestätigt worden. Die Aufstellung von Gesamtabschlüssen bindet nicht unerhebliche Personalkapazitäten und verursacht damit auch nicht unerhebliche Kosten. Hierbei sind ergänzend zu den intern anfallenden Kosten auch die Kosten für die externe Prüfung der Gesamtabschlüsse zu berücksichtigen. Für die Stadt Sassenberg wurde verwaltungsseitig seit jeher nur ein sehr eingeschränkter Nutzen der Gesamtabschlusserstellung durch die nur geringe zusätzliche Aussagekraft der Gesamtabschlüsse und die kaum gegebene Relevanz insbesondere für Steuerungszwecke gesehen.

 

Hier waren ausgehend von den Kriterien „(Beherrschender) Einfluss der Stadt Sassenberg auf die verselbstständigten Aufgabenbereiche“ und „Maßgeblichkeit der zu berücksichtigenden (anteiligen) Werte der verselbstständigten Aufgabenbereiche“ durchgängig lediglich die Eigenbetriebe „Wasserwerk der Stadt Sassenberg“ und „Abwasserwerk der Stadt Sassenberg“ vollkonsolidierungspflichtig. Hieran hat sich bis heute nichts geändert, da eine Ausweitung der Beteiligungen, die zu weiteren vollkonsolidierungspflichtigen verselbstständigten Aufgabenbereichen geführt hätte, nicht erfolgt ist. Vielmehr weist die Beteiligungsstruktur der Stadt Sassenberg seit dem Bezugsjahr des ersten Gesamtabschlusses (2010) neben den v. g. Eigenbetrieben nur verselbstständigte Aufgabenbereiche aus, die in den Gesamtabschluss nicht einbezogen werden mussten bzw. müssen, weil sie sie für die Verpflichtung, ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gemeinde zu vermitteln, von untergeordneter Bedeutung sind. Hinsichtlich der Beteiligungen bzw. der verselbstständigen Aufgabenbereiche im Einzelnen wird auf die Angaben in den Beteiligungsberichten nach der GO NRW verwiesen.

 

Mit dem Zweiten Gesetz zur Weiterentwicklung des Neuen Kommunalen Finanzmanagements für Gemeinden und Gemeindeverbände im Land Nordrhein-Westfalen und weiterer kommunalrechtlicher Vorschriften (2. NKF-Weiterentwicklungsgesetz – 2. NKFWG NRW) vom 18. Dezember 2018 wurde in Analogie zum Konzernbilanzrecht des Handelsrechts in die GO NRW ein § 116a zu größenabhängigen Befreiungen für den Gesamtabschluss aufgenommen.

 

§ 116a GO NRW hat in der zurzeit geltenden Fassung folgenden Wortlaut:

 

(1)    Eine Gemeinde ist von der Pflicht, einen Gesamtabschluss und einen Gesamtlagebericht aufzustellen, befreit, wenn am Abschlussstichtag ihres Jahresabschlusses und am vorhergehenden Abschlussstichtag jeweils mindestens zwei der nachstehenden Merkmale zutreffen:

1.   die Bilanzsummen in den Bilanzen der Gemeinde und der einzubeziehenden verselbständigten Aufgabenbereiche nach § 116 Absatz 3 übersteigen insgesamt nicht mehr als 1.500.000.000 Euro,

2.   die der Gemeinde zuzurechnenden Erträge aller vollkonsolidierungspflichtigen verselbständigten Aufgabenbereiche nach § 116 Absatz 3 machen weniger als 50 Prozent der ordentlichen Erträge der Ergebnisrechnung der Gemeinde aus,

3.   die der Gemeinde zuzurechnenden Bilanzsummen aller vollkonsolidierungspflichtigen verselbständigten Aufgabenbereiche nach § 116 Absatz 3 machen insgesamt weniger als 50 Prozent der Bilanzsumme der Gemeinde aus.

(2)    Über das Vorliegen der Voraussetzungen für die Befreiung von der Pflicht zur Aufstellung eines Gesamtabschlusses entscheidet der Rat für jedes Haushaltsjahr bis zum 30. September des auf das Haushaltsjahr folgenden Jahres. Das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 1 ist gegenüber dem Rat anhand geeigneter Unterlagen nachzuweisen. Die Entscheidung des Rates ist der Aufsichtsbehörde jährlich mit der Anzeige des durch den Rat festgestellten Jahresabschlusses der Gemeinde vorzulegen.

(3)    Sofern eine Gemeinde von der größenabhängigen Befreiung im Zusammenhang mit der Erstellung eines Gesamtabschlusses Gebrauch macht, ist ein Beteiligungsbericht gemäß § 117 zu erstellen.

 

Hinsichtlich der Entscheidung über den Verzicht auf die Erstellung eines Gesamtabschlusses für die Haushaltsjahre 2019 bis 2022 hat der Rat der Stadt Sassenberg entsprechende Beschlüsse gefasst.

 

Zur Ausübung der Befreiung von der Pflicht zur Aufstellung eines Gesamtabschlusses – Verzicht auf die Erstellung eines Gesamtabschlusses – für das Haushaltsjahr 2023 bedarf es gemäß § 116a Absatz 2 GO NRW einer Beschlussfassung durch den Rat bis zum 30.09.2024.

 

Die Merkmale nach § 116a GO NRW sind dabei für die Jahre 2023 und 2022 bzw. die Abschlussstichtage 31.12.2023 und 31.12.2022 zu betrachten.

 

Der Jahresabschluss für das Wasserwerk der Stadt Sassenberg für das Jahr 2022 sowie der Jahresabschluss für das Abwasserwerk der Stadt Sassenberg für das Jahr 2022 sind bereits durch den Rat festgestellt worden, sodass hier für das Jahr 2022 bzw. den Abschlussstichtag 31.12.2022 auf endgültige Werte abgestellt werden kann. Der Jahresabschluss der Stadt Sassenberg für das Haushaltsjahr 2022 ist formal aufgestellt, sodass auch insoweit auf belastbare Abschlusswerte abgestellt werden kann. Die Beschlussfassung zur Feststellung des Jahresabschlusses für das Haushaltsjahr 2022 und zur Behandlung des Jahresfehlbetrages für das Haushaltsjahr 2022 ist für die Sitzung des Rates am 02.07.2024 vorgesehen.

 

Der Jahresabschluss der Stadt Sassenberg für das Haushaltsjahr 2023, der Jahresabschluss für das Wasserwerk der Stadt Sassenberg für das Jahr 2023 sowie der Jahresabschluss für das Abwasserwerk der Stadt Sassenberg für das Jahr 2023 sind noch nicht durch den Rat festgestellt worden.

 

Für eine Einschätzung, bezogen auf das Vorliegen der in § 116a GO NRW genannten Merkmale, wird deshalb auf die Werte des jeweiligen Vorjahres mit Vorsichtszuschlägen, wie nachstehend, abgestellt:

 

-       Bilanzsumme zum 31.12.2023 der Stadt Sassenberg: Fortschreibung der Bilanzsumme zum 31.12.2022 ohne Zu- oder Abschläge,

-       Ordentliche Erträge der Stadt Sassenberg des Haushaltsjahres 2023: Fortschreibung der ordentlichen Erträge des Haushaltsjahres 2022 ohne Zu- oder Abschläge,

-       Bilanzsumme zum 31.12.2023 des Wasserwerks der Stadt Sassenberg: Fortschreibung der Bilanzsumme zum 31.12.2022 mit einem Vorsichtszuschlag von 5 %,

-       Ordentliche Erträge des Wasserwerks der Stadt Sassenberg des Jahres 2023: Fortschreibung der ordentlichen Erträge des Jahres 2022 mit einem Vorsichtszuschlag von 5 %,

-       Bilanzsumme zum 31.12.2023 des Abwasserwerks der Stadt Sassenberg: Fortschreibung der Bilanzsumme zum 31.12.2022 mit einem Vorsichtszuschlag von 5 %,

-       Ordentliche Erträge des Abwasserwerks der Stadt Sassenberg des Jahres 2023: Fortschreibung der ordentlichen Erträge des Jahres 2022 mit einem Vorsichtszuschlag von 5 %.

 

Diese Berücksichtigung von Wertansätzen ohne Vorliegen endgültiger Jahresabschlusswerte (Vorjahreswerte mit teilweisen Vorsichtszuschlägen) ermöglicht grundsätzlich eine frühe Entscheidung über den Verzicht auf die Erstellung eines Gesamtabschlusses für das vorangegangene Haushaltsjahr im Jahresverlauf.

 

Im Zuge der im kommenden Jahr anstehenden Entscheidung über den Verzicht auf eine Erstellung bzw. Aufstellung eines Gesamtabschlusses für das Haushaltsjahr 2024 werden neben den Werten für das Haushaltsjahr 2024 bzw. für den Abschlussstichtag 31.12.2024 die endgültigen Werte für das Haushaltsjahr 2023 bzw. für den Abschlussstichtag 31.12.2023 berücksichtigt, sodass hier nochmals eine Absicherung erfolgt.

 

Die Gemeindeprüfungsanstalt für das Land Nordrhein-Westfalen stellt über ihr Internetangebot auch eine Berechnungstabelle zur Verfügung, mit der die Befreiungsmöglichkeit von der Pflicht zur Erstellung bzw. Aufstellung eines Gesamtabschlusses nach § 116a GO NRW geprüft werden kann. Die betreffenden erforderlichen Werte für diese Prüfung wurden nach oben angegebenen Maßgaben in dieser Berechnungstabelle erfasst. Für die Stadt Sassenberg ergibt sich für einen Gesamtabschluss für das Haushaltsjahr 2023 für alle in § 116a GO NRW genannten Merkmale sehr eindeutig, dass die Merkmale zutreffen; die Schwellenwerte werden jeweils sehr deutlich unterschritten. Die Berechnungstabelle mit den vorgenommenen Eintragungen ist dieser Vorlage als Anlage beigefügt.

 

Von der Befreiungsmöglichkeit von der Pflicht zur Aufstellung eines Gesamtabschlusses gemäß § 116a GO NRW für die Stadt Sassenberg für das Haushaltsjahr 2023 sollte Gebrauch gemacht werden.

 

Zuständig für die Entscheidung ist der Rat.