Betreff
Bürgerantrag gemäß § 6 der Hauptsatzung der Stadt Sassenberg auf Überprüfung und Neuberechnung der hydrogeologischen Rahmenbedin-gungen für die Wasserförderung des Wasserbeschaffungsverbandes Sassenberg-Versmold-Warendorf des Vereins „Bürger mit Wirkung" u. a. vom 26.11.2022
Vorlage
60/737/2023
Aktenzeichen
60 815-12
Art
Beschlussvorlage öffentlich

Vorschlag der Verwaltung:

 

„Die Anregungen aus dem Bürgerantrag gemäß § 6 der Hauptsatzung der Stadt Sassenberg auf Überprüfung und Neuberechnung der hydrogeologischen Rahmenbedingungen für die Wasserförderung des Wasserbeschaffungsverbandes Sassenberg-Versmold-Warendorf des Vereins „Bürger mit Wirkung“ u. a. vom 26.11.2022 werden soweit sie die Zuständigkeit des Wasserwerkes der Stadt Sassenberg betreffen, zur Kenntnis genommen. Die Betriebsleitung wird beauftragt, zeitnah die Vorbereitungen für die zum 31.01.2025 anstehende Fortschreibung des Wasserversorgungskonzeptes aufzunehmen.“

 

 


Mit dem als Anlage beigefügten Schreiben vom 26.11.2022, dem in der ergänzenden E-Mail vom 02.12.2022 weitere Unterlagen beigefügt waren, ist von Frau Dr. Lutzer als Vorsitzende des Vereins „Bürger mit Wirkung“, Steinhagen, auch für den Verein für eine lebenswerte Zukunft, Versmold, der BUND-Kreisgruppe Gütersloh und der Initiative Fridays for Future, Altkreis Halle, ein Bürgerantrag nach § 6 der Hauptsatzung der Stadt Sassenberg vorgelegt worden. Dieser Bürgerantrag ist vom Haupt- und Finanzausschuss des Rates der Stadt Sassenberg in seiner Sitzung am 31.01.2023 – Pkt. 6 d. N. – zur weiteren Beratung an den Betriebsausschuss für das Wasserwerk und das Abwasserwerk verwiesen worden. Inhalte des Bürgerantrages sind folgende Punkte:

 

1.    Neuberechnung der Grundwasserneubildung für das Einzugsgebiet des Wasserwerkes Rippelbaum unter Berücksichtigung der klimatischen Veränderungen beim Niederschlag, der Verdunstung und längeren Vegetationsphasen;

2.    Anpassung der Fördermenge an das ökologisch nachhaltig verfügbare Wasserdargebot;

3.    Überarbeitung der Wasserversorgungskonzepte der betroffenen Kommunen an die geänderten Verhältnisse:

4.    Ausarbeitung von Maßnahmen zum Wassersparen und zur Grundwasseranreicherung in den betroffenen Kommunen z. B. durch Verrieselung von Niederschlagswasser.

 

Die Thematik der Grundwasserförderung und Trinkwasserversorgung ist in der jüngeren Vergangenheit mehrfach in den Sitzungen des Betriebsausschusses angesprochen worden. Grundsätzlich ist hierzu nochmals auf die Zuständigkeiten zu verweisen. Die Zuständigkeit für die Förderung und Aufbereitung des Trinkwassers liegt insgesamt beim Wasserbeschaffungsverband Sassenberg-Versmold-Warendorf (WBV). Dem Wasserwerk der Stadt Sassenberg obliegt lediglich die Verteilung von bzw. Versorgung mit Trink- und Brauchwasser bis zum Endverbraucher über das eigene Verteilnetz. Die benötigten Wassermengen werden seit 1982 ausschließlich WBV bezogen. Der Ortsteil Füchtorf wird direkt aus dem Wasserwerk Füchtorf beliefert. Für die Versorgung des Ortsteils Sassenberg werden vom WBV die entsprechenden Mengen von der Wasserversorgung Beckum GmbH zugekauft und anschließend an das Wasserwerk Sassenberg abgegeben. Hieraus ergibt sich, dass die im Bürgerantrag angesprochen Punkte 1 und 2 vom WBV zu verantworten sind.

 

Eine entsprechende Beratung hat in der Sitzung der Verbandsversammlung des WBV am 14.12.2022 stattgefunden. Aus der Sitzungsniederschrift lassen sich die folgenden Aussagen ablesen:

 

Zu Pkt. 1:

 

Bereits im Jahr 2016 hat das Verwaltungsgericht Minden abschließend entschieden, dass keine neuen Sachverständigengutachten erforderlich sind. Auch das Umweltministerium hat im Jahr 2019 bestätigt, dass die Entschädigungsmethodik korrekt angewandt wurde. Die Bezirksregierung Münster hat im Schreiben vom 06.04.2021 festgestellt, dass die Grundwasserbilanz deutlich ausgeglichen ist.

 

Zitat aus der Stellungnahme der Bezirksregierung Münster vom 06.04.2021: „Die Aspekte der Grundwasserneubildung im Raum Versmold/Sassenberg/Füchtorf wurden bereits in der Vergangenheit zwischen den zuständigen Behörden diskutiert und abschließend beantwortet. Im Rahmen des Pilotprojekts wurden unterschiedliche Berechnungsansätze verglichen und der Detaillierungsgrad der lokalen Grundwasserneubildungsberechnung wurde verbessert. Somit ist das Projekt bereits jetzt ein Positivbeispiel mit einem Erkenntnismehrgewinn für die Wasserwirtschaft in NRW. Ich möchte indes hervorheben: Anders als von Ihnen unzutreffend behauptet, zeigen die Ergebnisse des Projektes u. a, dass die Grundwasserneubildung im Raum Versmold/Sassenberg/Füchtorf fachlich valide und die Grundwasserbilanz deutlich ausgeglichen ist.“

 

Zusammenfassend wird vom Verbandsvorsteher ausgeführt, dass nach dem Gerichtsurteil und den zuständigen Behörden eine Neuberechnung der Grundwasser-Fördermenge nicht notwendig ist und nicht verlangt werden kann. Selbst ein Methodenstreit werde seitens der Behörden verneint. Die Stellungnahme des von den Umweltvereinen vorgelegten kurzen Gutachtens basiert leider auf unvollständigen Unterlagen.

 

Der Wasserbeschaffungsverband sieht keinen Raum für eine weitere Begutachtung.

 

Zu Pkt. 2:

 

Nach Mitteilung des Verbandsvorstehers gibt es keinen Hinweis darauf, dass die Fördermenge des Wasserbeschaffungsverbandes Sassenberg-Versmold-Warendorf dem ökoklogisch nachhaltig verfügbarem Wasserdargebot nicht entspricht. Trotz erheblicher Niederschlagsdefizite in den letzten 10 Jahren sind die Grundwasserstände zwar Schwankungen unterworfen, insgesamt aber relativ stabil. Das Verwaltungsgericht hat entschieden, dass die im Rahmen der öffentlichen Daseinsvorsorge durch den Wasserbeschaffungsverband vorgenommene Förderung vorrangig ist. Im Bedarfsfall sind andere Förderrechte zu reduzieren.

 

Von Seiten des Verbandsvorstehers wird ergänzt, dass die Regelungen des Wasserhaushaltsgesetzes zu beachten sind. Der Wasserbeschaffungsverband hat hier das höchstrangige Recht, da es der Daseinsvorsorge gemäß § 50 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) dient. Im Weiteren wird darauf verweisen, dass in einem Urteil der Verwaltungsgerichts Münster ausführlich dargelegt wurde, dass eine Reduzierung der Bewilligung nicht möglich ist, da eine Reduzierung einem Widerruf der Bewilligung gleichkommt und mit der Aufhebung der Bewilligung gleichzusetzen ist, was aber nur unter den engen Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 WHG möglich ist, die vorliegend nicht gegeben sind.

 

Zu Pkt. 3:

 

Für die Wasserversorgungskonzepte sind die Kommunen zuständig. Nach Prüfung des von der Stadt Sassenberg vorgelegten Wasserversorgungskonzeptes hat die Bezirksregierung Münster mit E-Mail vom 02.01.2019 mitgeteilt, dass das Konzept geprüft wurde und nicht beanstandet wird. Als Fazit wird festgehalten, dass das Wasserversorgungskonzept vollständig wie auch plausibel ist. Auf Grundlage des Wasserversorgungskonzeptes kann davon ausgegangen werden, dass die Aufgaben zur langfristigen Sicherstellung der öffentlichen Wasserversorgung ordnungsgemäß erfüllt werden. Die Bezirksregierung hat eine Vorlage des aktualisierten Wasserversorgungskonzeptes bis spätestens zum 31. Januar 2025 angefordert.

 

Wie bereits dargelegt, obliegt dem Wasserwerk der Stadt Sassenberg lediglich die Verteilung von bzw. Versorgung mit Trink- und Brauchwasser bis zum Endverbraucher über das eigene Verteilnetz. Die benötigten Wassermengen werden seit 1982 ausschließlich vom Wasserbeschaffungsverband Sassenberg-Versmold-Warendorf (WBV) bezogen.

 

Im Hinblick hierauf können mangels eigener Zuständigkeiten und Kenntnisse die im Wasserversorgungskonzept geforderten Angaben zum mengenmäßigen Wasserdargebot für die Bedarfsdeckung und zur Rohwasserüberwachung / Trinkwasseruntersuchung und Beschaffenheit Rohwasser / Trinkwasser lediglich durch den WBV bzw. die Wasserversorgung Beckum zur Verfügung gestellt worden.

 

Nach diesseitigem Kenntnisstand hat die Stadt Versmold ihr WVK, das auch den Bereich des WBV umfasst, zum 01.01.2024 fortzuschreiben. Insofern liegen gesicherte Informationen zu den genannten Punkten der Wasserförderung für eine Berücksichtigung im WVK der Stadt Sassenberg erst Ende 2023 vor. Die Bearbeitung der Fortschreibung des Wasserversorgungskonzeptes wird dann in 2024 unter Beteiligung des Betriebsausschusses erfolgen; entsprechende Mittel sind im Wirtschaftsplan 2024 für das Wasserwerk bereitzustellen.

 

Zu Pkt. 4:  

 

Die Entwicklung der Wasserabgabenmenge des Wasserwerkes in den vergangenen 10 Jahren zeigt einen Anstieg um rd. 170.000 m³. Hiervon entfällt eine Menge von rd. 120.000 m³ auf den gewerblich-industriellen Bereich. Neben der stark angestiegenen Nachfrage aus diesem Sektor sind offensichtlich Änderungen im Verbrauchsverhalten bei den Privathaushalten (z. B. Poolbefüllungen, Nutzung von Trinkwasser für gärtnerische Zwecke) sowie die in den letzten Jahren insbesondere in den Sommermonaten festzustellende Trockenheit bzw. geringe Niederschlagsmenge ausschlaggebend.

 

Für den Wasserverbrauch in den Betrieben dürfte es schwierig sein, Maßnahmen zur Wassereinsparung vorzugeben. Hier wären z. B. betriebliche Konzepte zur Kreislaufführung oder Nutzung von Brauchwasser wirksam.

 

Für den privaten Bereich dürften neben entsprechenden Appellen vor allem restriktive Maßnahmen (Verbote oder Beschränkungen) erfolgversprechend sein. Hierzu bedarf es entsprechender politischer Beschlüsse sowie rechtlicher Vorgaben im Rahmen von ordnungsbehördlichen Verordnungen mit einer diesbezüglichen Überwachung. 

 

Im Rahmen der 7. Fortschreibung des Abwasserbeseitigungskonzeptes hat das Ing.-Büro Frilling+Rolfs, Vechta, sich auch mit der Verrieselungsthematik befasst. Hinsichtlich der Möglichkeiten der Versickerung von gereinigtem Abwasser zur Grundwasseranreicherung wird darauf verwiesen, dass trotz einer Abwasserreinigung nach dem Stand der Technik im Ablauf der Kläranlage organische Stoffe verbleiben, die im Vorfluter abgebaut werden können; dass gilt auch für anthropogene Spurenstoffe sowie Keime. In höheren Konzentrationen wirken diese Stoffe schädlich auf die Umwelt. Letztlich wird festgehalten, dass aufgrund der aufgeführten Risiken einer Abwasserversickerung konzeptionell das gereinigte Abwasser aus den beiden Kläranlagen weiterhin in die Vorfluter abgeleitet wird.

 

Auch die Bezirksregierung Münster hat im Schreiben vom 02.03.2021 darauf verwiesen, dass die Versickerung oder Verrieselung von gereinigtem Abwasser zur Grundwasseranreicherung zum jetzigen Zeitpunkt weder rechtlich noch technisch geregelt und sind daher zum jetzigem Stand nicht zulässig ist.

 

Zur Versickerung des Niederschlagswassers wird auf die wasserrechtlichen Vorgaben verweisen, nach denen dieses ortsnah versickert, verrieselt oder direkt in einen Vorfluter abgeleitet werden soll. Dabei müssen die hydrogeologischen Bodeneigenschaften berücksichtigt werden. Außerdem soll das Niederschlagwasser möglichst nicht mit dem Schmutzwasser vermischt werden.

 

Bei der Erschließung neuer Baugebiete sind im Regelfall Bodengutachten zu erstellen. Aus diesen lassen sich die hydrogeologischen Bodeneigenschaften, Bodenverhältnisse und der Grundwasserstand abgeleitet. In den Gutachten sind die Möglichkeiten der Herstellung von Versickerungsanlagen darzustellen. Im ABK wird daher vorgeschlagen, dass dort, wo Versickerungen rechtlich zulässig sind und die örtlichen Gegebenheiten es zulassen, die Versickerungsmöglichkeiten zukünftig verstärkt zur Anwendung kommen sollen.

 

Im Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass im Rahmen entsprechender Beschlussfassungen insbesondere im Infrastrukturausschuss dieser Thematik zwischenzeitlich breitem Raum gewidmet wird. Dies betrifft u.a. die Bereiche Dachbegrünung, Rückbau von Steingärten, Infrastruktur zur Nutzung von Zisternen, Versickerung von Niederschlagswasser bei Straßenausbauten oder im Bereich des geplanten Baugebietes „Sassenberger Straße – östliche Erweiterung“. 

 

Zuständig für die Beschlussfassung ist der Betriebsausschuss für das Wasserwerk und das Abwasserwerk.