Vorschlag der Verwaltung:
„Die Anregungen aus dem Bürgerantrag gemäß § 6 der Hauptsatzung
der Stadt Sassenberg auf Überprüfung und Neuberechnung der hydrogeologischen
Rahmenbedingungen für die Wasserförderung des Wasserbeschaffungsverbandes
Sassenberg-Versmold-Warendorf des Vereins „Bürger mit Wirkung“ u. a. vom
26.11.2022 werden soweit sie die Zuständigkeit des Wasserwerkes der Stadt
Sassenberg betreffen, zur Kenntnis genommen. Die Betriebsleitung wird
beauftragt, zeitnah die Vorbereitungen für die zum 31.01.2025 anstehende
Fortschreibung des Wasserversorgungskonzeptes aufzunehmen.“
Mit dem als
Anlage beigefügten Schreiben vom 26.11.2022, dem in der ergänzenden E-Mail vom
02.12.2022 weitere Unterlagen beigefügt waren, ist von Frau Dr. Lutzer als
Vorsitzende des Vereins „Bürger mit Wirkung“, Steinhagen, auch für den Verein
für eine lebenswerte Zukunft, Versmold, der BUND-Kreisgruppe Gütersloh und der
Initiative Fridays for Future, Altkreis Halle, ein Bürgerantrag nach § 6 der
Hauptsatzung der Stadt Sassenberg vorgelegt worden. Dieser Bürgerantrag ist vom
Haupt- und Finanzausschuss des Rates der Stadt Sassenberg in seiner Sitzung am
31.01.2023 – Pkt. 6 d. N. – zur weiteren Beratung an den Betriebsausschuss für
das Wasserwerk und das Abwasserwerk verwiesen worden. Inhalte des
Bürgerantrages sind folgende Punkte:
1.
Neuberechnung der Grundwasserneubildung für
das Einzugsgebiet des Wasserwerkes Rippelbaum unter Berücksichtigung der
klimatischen Veränderungen beim Niederschlag, der Verdunstung und längeren
Vegetationsphasen;
2.
Anpassung der Fördermenge an das ökologisch
nachhaltig verfügbare Wasserdargebot;
3.
Überarbeitung der Wasserversorgungskonzepte
der betroffenen Kommunen an die geänderten Verhältnisse:
4.
Ausarbeitung von Maßnahmen zum Wassersparen
und zur Grundwasseranreicherung in den betroffenen Kommunen z. B. durch
Verrieselung von Niederschlagswasser.
Die Thematik
der Grundwasserförderung und Trinkwasserversorgung ist in der jüngeren
Vergangenheit mehrfach in den Sitzungen des Betriebsausschusses angesprochen
worden. Grundsätzlich ist hierzu nochmals auf die Zuständigkeiten zu verweisen.
Die Zuständigkeit für die Förderung und Aufbereitung des Trinkwassers liegt
insgesamt beim Wasserbeschaffungsverband Sassenberg-Versmold-Warendorf (WBV).
Dem Wasserwerk der Stadt Sassenberg obliegt lediglich die Verteilung von bzw.
Versorgung mit Trink- und Brauchwasser bis zum Endverbraucher über das eigene
Verteilnetz. Die benötigten Wassermengen werden seit 1982 ausschließlich WBV
bezogen. Der Ortsteil Füchtorf wird direkt aus dem Wasserwerk Füchtorf
beliefert. Für die Versorgung des Ortsteils Sassenberg werden vom WBV die
entsprechenden Mengen von der Wasserversorgung Beckum GmbH zugekauft und
anschließend an das Wasserwerk Sassenberg abgegeben. Hieraus ergibt sich, dass
die im Bürgerantrag angesprochen Punkte 1 und 2 vom WBV zu verantworten sind.
Eine
entsprechende Beratung hat in der Sitzung der Verbandsversammlung des WBV am
14.12.2022 stattgefunden. Aus der Sitzungsniederschrift lassen sich die
folgenden Aussagen ablesen:
Zu Pkt. 1:
Bereits im
Jahr 2016 hat das Verwaltungsgericht Minden abschließend entschieden, dass
keine neuen Sachverständigengutachten erforderlich sind. Auch das
Umweltministerium hat im Jahr 2019 bestätigt, dass die Entschädigungsmethodik
korrekt angewandt wurde. Die Bezirksregierung Münster hat im Schreiben vom
06.04.2021 festgestellt, dass die Grundwasserbilanz deutlich ausgeglichen ist.
Zitat aus
der Stellungnahme der Bezirksregierung Münster vom 06.04.2021: „Die
Aspekte der Grundwasserneubildung im Raum Versmold/Sassenberg/Füchtorf wurden
bereits in der Vergangenheit zwischen den zuständigen Behörden diskutiert und
abschließend beantwortet. Im Rahmen des Pilotprojekts wurden unterschiedliche
Berechnungsansätze verglichen und der Detaillierungsgrad der lokalen
Grundwasserneubildungsberechnung wurde verbessert. Somit ist das Projekt bereits
jetzt ein Positivbeispiel mit einem Erkenntnismehrgewinn für die
Wasserwirtschaft in NRW. Ich möchte indes hervorheben: Anders als von Ihnen
unzutreffend behauptet, zeigen die Ergebnisse des Projektes u. a, dass die
Grundwasserneubildung im Raum Versmold/Sassenberg/Füchtorf fachlich valide und
die Grundwasserbilanz deutlich ausgeglichen ist.“
Zusammenfassend
wird vom Verbandsvorsteher ausgeführt, dass nach dem Gerichtsurteil und den
zuständigen Behörden eine Neuberechnung der Grundwasser-Fördermenge nicht
notwendig ist und nicht verlangt werden kann. Selbst ein Methodenstreit werde
seitens der Behörden verneint. Die Stellungnahme des von den Umweltvereinen
vorgelegten kurzen Gutachtens basiert leider auf unvollständigen Unterlagen.
Der
Wasserbeschaffungsverband sieht keinen Raum für eine weitere Begutachtung.
Zu Pkt. 2:
Nach
Mitteilung des Verbandsvorstehers gibt es keinen Hinweis darauf, dass die
Fördermenge des Wasserbeschaffungsverbandes Sassenberg-Versmold-Warendorf dem
ökoklogisch nachhaltig verfügbarem Wasserdargebot nicht entspricht. Trotz
erheblicher Niederschlagsdefizite in den letzten 10 Jahren sind die
Grundwasserstände zwar Schwankungen unterworfen, insgesamt aber relativ stabil.
Das Verwaltungsgericht hat entschieden, dass die im Rahmen der öffentlichen
Daseinsvorsorge durch den Wasserbeschaffungsverband vorgenommene Förderung
vorrangig ist. Im Bedarfsfall sind andere Förderrechte zu reduzieren.
Von Seiten
des Verbandsvorstehers wird ergänzt, dass die Regelungen des
Wasserhaushaltsgesetzes zu beachten sind. Der Wasserbeschaffungsverband hat
hier das höchstrangige Recht, da es der Daseinsvorsorge gemäß § 50
Wasserhaushaltsgesetz (WHG) dient. Im Weiteren wird darauf verweisen, dass in
einem Urteil der Verwaltungsgerichts Münster ausführlich dargelegt wurde, dass
eine Reduzierung der Bewilligung nicht möglich ist, da eine Reduzierung einem
Widerruf der Bewilligung gleichkommt und mit der Aufhebung der Bewilligung
gleichzusetzen ist, was aber nur unter den engen Voraussetzungen des § 18 Abs.
2 WHG möglich ist, die vorliegend nicht gegeben sind.
Zu Pkt. 3:
Für die
Wasserversorgungskonzepte sind die Kommunen zuständig. Nach Prüfung des von der
Stadt Sassenberg vorgelegten Wasserversorgungskonzeptes hat die
Bezirksregierung Münster mit E-Mail vom 02.01.2019 mitgeteilt, dass das Konzept
geprüft wurde und nicht beanstandet wird. Als Fazit wird festgehalten, dass das
Wasserversorgungskonzept vollständig wie auch plausibel ist. Auf Grundlage des
Wasserversorgungskonzeptes kann davon ausgegangen werden, dass die Aufgaben zur
langfristigen Sicherstellung der öffentlichen Wasserversorgung ordnungsgemäß
erfüllt werden. Die Bezirksregierung hat eine Vorlage des aktualisierten
Wasserversorgungskonzeptes bis spätestens zum 31. Januar 2025 angefordert.
Wie bereits
dargelegt, obliegt dem Wasserwerk der Stadt Sassenberg lediglich die Verteilung
von bzw. Versorgung mit Trink- und Brauchwasser bis zum Endverbraucher über das
eigene Verteilnetz. Die benötigten Wassermengen werden seit 1982 ausschließlich
vom Wasserbeschaffungsverband Sassenberg-Versmold-Warendorf (WBV) bezogen.
Im Hinblick
hierauf können mangels eigener Zuständigkeiten und Kenntnisse die im
Wasserversorgungskonzept geforderten Angaben zum mengenmäßigen Wasserdargebot
für die Bedarfsdeckung und zur Rohwasserüberwachung / Trinkwasseruntersuchung
und Beschaffenheit Rohwasser / Trinkwasser lediglich durch den WBV bzw. die
Wasserversorgung Beckum zur Verfügung gestellt worden.
Nach
diesseitigem Kenntnisstand hat die Stadt Versmold ihr WVK, das auch den Bereich
des WBV umfasst, zum 01.01.2024 fortzuschreiben. Insofern liegen gesicherte
Informationen zu den genannten Punkten der Wasserförderung für eine
Berücksichtigung im WVK der Stadt Sassenberg erst Ende 2023 vor. Die Bearbeitung
der Fortschreibung des Wasserversorgungskonzeptes wird dann in 2024 unter
Beteiligung des Betriebsausschusses erfolgen; entsprechende Mittel sind im
Wirtschaftsplan 2024 für das Wasserwerk bereitzustellen.
Zu Pkt.
4:
Die
Entwicklung der Wasserabgabenmenge des Wasserwerkes in den vergangenen 10
Jahren zeigt einen Anstieg um rd. 170.000 m³. Hiervon entfällt eine Menge von
rd. 120.000 m³ auf den gewerblich-industriellen Bereich. Neben der stark
angestiegenen Nachfrage aus diesem Sektor sind offensichtlich Änderungen im
Verbrauchsverhalten bei den Privathaushalten (z. B. Poolbefüllungen, Nutzung
von Trinkwasser für gärtnerische Zwecke) sowie die in den letzten Jahren
insbesondere in den Sommermonaten festzustellende Trockenheit bzw. geringe
Niederschlagsmenge ausschlaggebend.
Für den
Wasserverbrauch in den Betrieben dürfte es schwierig sein, Maßnahmen zur
Wassereinsparung vorzugeben. Hier wären z. B. betriebliche Konzepte zur
Kreislaufführung oder Nutzung von Brauchwasser wirksam.
Für den
privaten Bereich dürften neben entsprechenden Appellen vor allem restriktive
Maßnahmen (Verbote oder Beschränkungen) erfolgversprechend sein. Hierzu bedarf
es entsprechender politischer Beschlüsse sowie rechtlicher Vorgaben im Rahmen
von ordnungsbehördlichen Verordnungen mit einer diesbezüglichen
Überwachung.
Im Rahmen
der 7. Fortschreibung des Abwasserbeseitigungskonzeptes hat das Ing.-Büro
Frilling+Rolfs, Vechta, sich auch mit der Verrieselungsthematik befasst.
Hinsichtlich der Möglichkeiten der Versickerung von gereinigtem Abwasser zur
Grundwasseranreicherung wird darauf verwiesen, dass trotz einer
Abwasserreinigung nach dem Stand der Technik im Ablauf der Kläranlage
organische Stoffe verbleiben, die im Vorfluter abgebaut werden können; dass
gilt auch für anthropogene Spurenstoffe sowie Keime. In höheren Konzentrationen
wirken diese Stoffe schädlich auf die Umwelt. Letztlich wird festgehalten, dass
aufgrund der aufgeführten Risiken einer Abwasserversickerung konzeptionell das
gereinigte Abwasser aus den beiden Kläranlagen weiterhin in die Vorfluter
abgeleitet wird.
Auch die
Bezirksregierung Münster hat im Schreiben vom 02.03.2021 darauf verwiesen, dass
die Versickerung oder Verrieselung von gereinigtem Abwasser zur
Grundwasseranreicherung zum jetzigen Zeitpunkt weder rechtlich noch technisch
geregelt und sind daher zum jetzigem Stand nicht zulässig ist.
Zur
Versickerung des Niederschlagswassers wird auf die wasserrechtlichen Vorgaben
verweisen, nach denen dieses ortsnah versickert, verrieselt oder direkt in
einen Vorfluter abgeleitet werden soll. Dabei müssen die hydrogeologischen
Bodeneigenschaften berücksichtigt werden. Außerdem soll das Niederschlagwasser
möglichst nicht mit dem Schmutzwasser vermischt werden.
Bei der
Erschließung neuer Baugebiete sind im Regelfall Bodengutachten zu erstellen.
Aus diesen lassen sich die hydrogeologischen Bodeneigenschaften,
Bodenverhältnisse und der Grundwasserstand abgeleitet. In den Gutachten sind
die Möglichkeiten der Herstellung von Versickerungsanlagen darzustellen. Im ABK
wird daher vorgeschlagen, dass dort, wo Versickerungen rechtlich zulässig sind
und die örtlichen Gegebenheiten es zulassen, die Versickerungsmöglichkeiten
zukünftig verstärkt zur Anwendung kommen sollen.
Im Weiteren
ist darauf hinzuweisen, dass im Rahmen entsprechender Beschlussfassungen
insbesondere im Infrastrukturausschuss dieser Thematik zwischenzeitlich breitem
Raum gewidmet wird. Dies betrifft u.a. die Bereiche Dachbegrünung, Rückbau von
Steingärten, Infrastruktur zur Nutzung von Zisternen, Versickerung von
Niederschlagswasser bei Straßenausbauten oder im Bereich des geplanten
Baugebietes „Sassenberger Straße – östliche Erweiterung“.
Zuständig für die Beschlussfassung ist
der Betriebsausschuss für das Wasserwerk und das Abwasserwerk.