-Folgepflicht zum Regionalplan Münsterland zum Thema "Erneuerbare Energien"
Vorschlag der Verwaltung:
„Der rechtsverbindliche Flächennutzungsplan für die
Ortslagen Sassenberg und Füchtorf wird dahingehend geändert, dass die
ausgewiesenen Vorrangzonen für Windenergieanlagen Gröblingen/Twilligen (WAF 04)
und Elve (WAF 03) aufgehoben werden.
Die Verwaltung wird beauftragt, einen entsprechenden
Flächennutzungsplanänderungsentwurf zu fertigen. Die vorgezogene
Bürgerbeteiligung gem. § 3 Abs. 1 BauGB erfolgt im Rahmen einer dreiwöchigen
öffentlichen Auslegung im Rathaus. Die Verwaltung wird beauftragt, die
frühzeitige Beteiligung der Träger öffentlicher Belange gem. § 4 Abs. 1 BauGB
und die Öffentlichkeitsbeteiligung gem. § 3 Abs. 2 i. V. m. § 4 Abs. 2 BauGB
durchzuführen.“
„Ein Planverfahren zur
Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt Sassenberg im Rahmen der
Folgepflicht zum Regionalplan „Münsterland“ zum Thema „Erneuerbare Energien“
und hier speziell im Rahmen der planerischen Aufbereitung des Themas
„Windenergie“ wird zum jetzigen Zeitpunkt zurückgestellt bis zu einer
Konkretisierung der gesetzlichen Vorgabe im Rahmen des Bundes- und
Landesrechtes. Bei Vorliegen der gesetzlichen Normierungen wird die Verwaltung
beauftragt, die vg. Planungsangelegenheit zu den Tagesordnungen des
Ortsausschusses Füchtorf und des Infrastrukturausschusses des Rates der Stadt
Sassenberg zu stellen.“
In der Zwischenzeit sind
zwei grundlegende Änderungen an der seinerzeitigen Sach- und Rechtslage
eingetreten. Zum einen hat das Land NRW mit Gesetz vom 08.07.2021 das
Ausführungsgesetz zum BauGB dahingehend geändert, dass für Windenergieanlagen
nunmehr ein Mindestabstand von 1.000 Metern zu Wohngebäuden gilt, die im
Innenbereich zulässigerweise errichtet wurden oder errichtet werden können (und
dort nicht nur ausnahmsweise zulässig sind, wie z.B. eine Betriebsleiterwohnung
im Gewerbegebiet). Im Außenbereich gilt der 1.000 Meter-Abstand lediglich im
Bereich von Außenbereichssatzungen nach § 35 Abs. 6 BauGB. Darüber hinaus
liegen zwischenzeitlich beim Kreis Warendorf konkrete Anträge auf Genehmigung
von Windkraftanlagen auf dem Gebiet der Stadt Sassenberg vor.
Vor diesem Hintergrund hat
die Verwaltung eine Rechtsberatung durch Herrn Rechtsanwalt Tyczewski von der
Kanzlei Wolter Hoppenberg aus Münster eingeholt. Die Stellungnahme des Anwaltes
vom 26.07.2021 ist als Anlage beigefügt. Im Ergebnis wird erneut deutlich, dass
die 20. Änderung des FNP Sassenberg aus den Jahren 1999/2000 keine
Ausschlusswirkung gem. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB erzeugt. Stadt und Kreis haben
nach der jüngsten Rechtsprechung des VG Arnsberg vom 4.3.2021, die auf ein OVG-Urteil
aus dem Jahr 2005 aufsetzt, das Recht und die Pflicht, den Plan nicht gegen Standorte
außerhalb der damals dargestellten Zonen ins Feld zu führen. Eine Neuplanung hilft
nicht weiter, sofern ein geplanter Standort innerhalb eines im Regionalplan
festgelegten Windeignungsbereiches liegt, da dieser ohne eigene Prüfung in einen
sachlichen Teilflächennutzungsplan übernommen werden müsste. Hat eine Gemeinde durchgreifende Bedenken gegen ihren eigenen Plan, so
muss sie ihn zur Klarstellung aufheben, darf ihn aber weder ausdrücklich noch
stillschweigend nicht mehr anwenden.
Hieraus ergibt sich für die
Stadt Sassenberg eine Reduzierung auf zwei mögliche Szenarien:
- Überarbeitung und Ausweitung der im Flächennutzungsplan
ausgewiesenen Flächen anhand der aktuellen Gesetzeslage und
Rechtsprechung.
- Aufhebung der festgesetzten Konzentrationszonen und Freigabe einer
Planungsmöglichkeit für Windenergieanlagen im gesamten Außenbereich nach
den Vorschriften des § 35 BauGB.
Bezüglich dieser
Alternativen und der veränderten Sach- und Rechtslage wurde Herr Ahn vom
Planungsbüro WoltersPartner, der die Stadt seit langem bei der Anpassung des
Flächennutzungsplans begleitet, um eine neue Stellungnahme gebeten. Die
entsprechende Stellungnahme vom 21.10.2021 ist beigefügt und erläutert die
aktuellen Möglichkeiten und Grenzen einer aktiven Windenergiesteuerung über den
Flächennutzungsplan. Beigefügt ist der Stellungnahme eine überarbeitete
Potenzialflächenanalyse zur Ermittlung von Konzentrationszonen für die
Windenergienutzung. Herr Ahn wird seine Ausführungen in der Sitzung vertiefend
vorstellen und für Rückfragen zur Verfügung stehen.
Zusammenfassend ist
festzustellen, dass eine Ausweisung von Konzentrationszonen für die
Windenergienutzung in Flächennutzungsplänen derzeit kaum rechtssicher umsetzbar
ist. Gleichwohl wäre für die Planung ein sehr hoher personeller und
finanzieller Aufwand zu erwarten. Die aktuelle Potentialflächenanalyse zeigt
gleichzeitig, dass die für Windenergieanlagen in Frage kommenden Flächen auf
dem Gebiet der Stadt Sassenberg durchaus begrenzt sind.
Die Verwaltung empfiehlt vor
diesem Hintergrund die Aufhebung der festgesetzten Konzentrationszonen und
Freigabe einer Planungsmöglichkeit für Windenergieanlagen im gesamten
Außenbereich nach den Vorschriften des § 35 BauGB. Ähnlich sind in den
vergangenen Monaten verschiedene Kommunen in der Nachbarschaft (z.B. Oelde,
Everswinkel und Beelen) vorgegangen.
Zuständig für die Entscheidung ist der Infrastrukturausschuss.