Betreff
Windenergie Flächennutzungsplan der Stadt Sassenberg
-Folgepflicht zum Regionalplan Münsterland zum Thema "Erneuerbare Energien"
Vorlage
60/565/2021
Aktenzeichen
60 622-11
Art
Beschlussvorlage öffentlich

Vorschlag der Verwaltung:

 

„Der rechtsverbindliche Flächennutzungsplan für die Ortslagen Sassenberg und Füchtorf wird dahingehend geändert, dass die ausgewiesenen Vorrangzonen für Windenergieanlagen Gröblingen/Twilligen (WAF 04) und Elve (WAF 03) aufgehoben werden.

 

Die Verwaltung wird beauftragt, einen entsprechenden Flächennutzungsplanänderungsentwurf zu fertigen. Die vorgezogene Bürgerbeteiligung gem. § 3 Abs. 1 BauGB erfolgt im Rahmen einer dreiwöchigen öffentlichen Auslegung im Rathaus. Die Verwaltung wird beauftragt, die frühzeitige Beteiligung der Träger öffentlicher Belange gem. § 4 Abs. 1 BauGB und die Öffentlichkeitsbeteiligung gem. § 3 Abs. 2 i. V. m. § 4 Abs. 2 BauGB durchzuführen.“

 


Die Anpassung des Flächennutzungsplans der Stadt Sassenberg an die Belange der Windenergienutzung ist in den vergangenen Jahren wiederholt Gegenstand der Beratung in den Ratsgremien der Stadt Sassenberg gewesen. Zuletzt fasste der Infrastrukturausschuss in seiner Sitzung vom 10.12.2020 (Punkt 9 d. N.) folgenden Beschluss:

 

„Ein Planverfahren zur Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt Sassenberg im Rahmen der Folgepflicht zum Regionalplan „Münsterland“ zum Thema „Erneuerbare Energien“ und hier speziell im Rahmen der planerischen Aufbereitung des Themas „Windenergie“ wird zum jetzigen Zeitpunkt zurückgestellt bis zu einer Konkretisierung der gesetzlichen Vorgabe im Rahmen des Bundes- und Landesrechtes. Bei Vorliegen der gesetzlichen Normierungen wird die Verwaltung beauftragt, die vg. Planungsangelegenheit zu den Tagesordnungen des Ortsausschusses Füchtorf und des Infrastrukturausschusses des Rates der Stadt Sassenberg zu stellen.“

 

In der Zwischenzeit sind zwei grundlegende Änderungen an der seinerzeitigen Sach- und Rechtslage eingetreten. Zum einen hat das Land NRW mit Gesetz vom 08.07.2021 das Ausführungsgesetz zum BauGB dahingehend geändert, dass für Windenergieanlagen nunmehr ein Mindestabstand von 1.000 Metern zu Wohngebäuden gilt, die im Innenbereich zulässigerweise errichtet wurden oder errichtet werden können (und dort nicht nur ausnahmsweise zulässig sind, wie z.B. eine Betriebsleiterwohnung im Gewerbegebiet). Im Außenbereich gilt der 1.000 Meter-Abstand lediglich im Bereich von Außenbereichssatzungen nach § 35 Abs. 6 BauGB. Darüber hinaus liegen zwischenzeitlich beim Kreis Warendorf konkrete Anträge auf Genehmigung von Windkraftanlagen auf dem Gebiet der Stadt Sassenberg vor.

 

Vor diesem Hintergrund hat die Verwaltung eine Rechtsberatung durch Herrn Rechtsanwalt Tyczewski von der Kanzlei Wolter Hoppenberg aus Münster eingeholt. Die Stellungnahme des Anwaltes vom 26.07.2021 ist als Anlage beigefügt. Im Ergebnis wird erneut deutlich, dass die 20. Änderung des FNP Sassenberg aus den Jahren 1999/2000 keine Ausschlusswirkung gem. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB erzeugt. Stadt und Kreis haben nach der jüngsten Rechtsprechung des VG Arnsberg vom 4.3.2021, die auf ein OVG-Urteil aus dem Jahr 2005 aufsetzt, das Recht und die Pflicht, den Plan nicht gegen Standorte außerhalb der damals dargestellten Zonen ins Feld zu führen. Eine Neuplanung hilft nicht weiter, sofern ein geplanter Standort innerhalb eines im Regionalplan festgelegten Windeignungsbereiches liegt, da dieser ohne eigene Prüfung in einen sachlichen Teilflächennutzungsplan übernommen werden müsste. Hat eine Gemeinde durchgreifende Bedenken gegen ihren eigenen Plan, so muss sie ihn zur Klarstellung aufheben, darf ihn aber weder ausdrücklich noch stillschweigend nicht mehr anwenden.

 

Hieraus ergibt sich für die Stadt Sassenberg eine Reduzierung auf zwei mögliche Szenarien:

 

  1. Überarbeitung und Ausweitung der im Flächennutzungsplan ausgewiesenen Flächen anhand der aktuellen Gesetzeslage und Rechtsprechung.
  2. Aufhebung der festgesetzten Konzentrationszonen und Freigabe einer Planungsmöglichkeit für Windenergieanlagen im gesamten Außenbereich nach den Vorschriften des § 35 BauGB.

 

Bezüglich dieser Alternativen und der veränderten Sach- und Rechtslage wurde Herr Ahn vom Planungsbüro WoltersPartner, der die Stadt seit langem bei der Anpassung des Flächennutzungsplans begleitet, um eine neue Stellungnahme gebeten. Die entsprechende Stellungnahme vom 21.10.2021 ist beigefügt und erläutert die aktuellen Möglichkeiten und Grenzen einer aktiven Windenergiesteuerung über den Flächennutzungsplan. Beigefügt ist der Stellungnahme eine überarbeitete Potenzialflächenanalyse zur Ermittlung von Konzentrationszonen für die Windenergienutzung. Herr Ahn wird seine Ausführungen in der Sitzung vertiefend vorstellen und für Rückfragen zur Verfügung stehen.

 

Zusammenfassend ist festzustellen, dass eine Ausweisung von Konzentrationszonen für die Windenergienutzung in Flächennutzungsplänen derzeit kaum rechtssicher umsetzbar ist. Gleichwohl wäre für die Planung ein sehr hoher personeller und finanzieller Aufwand zu erwarten. Die aktuelle Potentialflächenanalyse zeigt gleichzeitig, dass die für Windenergieanlagen in Frage kommenden Flächen auf dem Gebiet der Stadt Sassenberg durchaus begrenzt sind.

 

Die Verwaltung empfiehlt vor diesem Hintergrund die Aufhebung der festgesetzten Konzentrationszonen und Freigabe einer Planungsmöglichkeit für Windenergieanlagen im gesamten Außenbereich nach den Vorschriften des § 35 BauGB. Ähnlich sind in den vergangenen Monaten verschiedene Kommunen in der Nachbarschaft (z.B. Oelde, Everswinkel und Beelen) vorgegangen.

 

Zuständig für die Entscheidung ist der Infrastrukturausschuss.