Im nichtöffentlichen Teil
der letzten Sitzungen des Sozial-, Jugend-, Kultur-, Sport- und
Schulausschusses des Rates der Stadt Sassenberg am 24.11.2020 und 16.02.2021
hatte die Verwaltung unter dem Punkt „Bericht des Bürgermeisters“ die E-Mail
einer Sassenberger Bürgerin verlesen. In dieser E-Mail ging es unter anderem
auch um die Benachteiligung von Familien mit inkontinenten schwerstbehinderten
bzw. pflegebedürftigen Familienmitgliedern im Hinblick auf die Belastung durch
die Müllgebühren. Die Bürgerin wies darauf hin, dass es durchaus Kommunen gebe,
die die Mehrbelastung dieser Familien durch eine finanzielle Unterstützung bei
den Müllgebühren entlasten.
Recherchen haben ergeben,
dass im Kreis Warendorf lediglich die Gemeinde Beelen eine solche soziale
Komponente in ihrer Satzung über die Abfallentsorgung beinhaltet.
Hier wird Familien mit
Kindern bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres auf Antrag für
vorübergehend zusätzlich anfallende Restabfälle durch Einwegwindeln ein
größeres Gefäß bis maximal zu einem 240 l Gefäß zugeteilt. Ferner können
Haushalte mit pflegebedürftigen Personen, die Einwegwindeln benutzen müssen,
ebenfalls auf Antrag unter Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung ein größeres
Gefäß erhalten. Die Mehrkosten werden nicht an der tatsächlichen Gefäßgröße
orientiert, sondern es wird jährlich ein Zuschlag zur Gebühr in Höhe von 24,00
€ erhoben. Sobald die vorgenannten Voraussetzungen entfallen, ist die
tatsächliche Gebühr für das Müllgefäß zu entrichten oder aber auf ein kleineres
Gefäß zu wechseln.
Die Stadt Rietberg bietet
ihren Bürgern ebenfalls einen sogenannten „Windelzuschuss“. Dieser beträgt
jährlich 40,00 € für Einwohner, die ihre Inkontinenz durch ein ärztliches
Attest vorlegen. Für Kinder unter drei Jahren wird ebenfalls ein Zuschuss in
Höhe von 40,00 € gezahlt. Sollten zwei Kinder unter drei Jahren in der Familie
leben, beträgt der Zuschuss 80,00 €. Voraussetzung für die Gewährung des
Zuschusses ist allerdings, dass die Einwohner die Bereitstellung eines größeren
Restmüllgefäßes beantragen, als sie eigentlich aufgrund der Haushaltsgröße
benötigen würden. Die Stadt Rietberg bezifferte die Zahl der Anträge auf 480 im
Bereich der Familien mit Kindern unter drei Jahren sowie 83 Anträge im Bereich
der Inkontinenz. Die Kosten wurden mit rund 22.500,00 € jährlich beziffert
Die Stadt
Rheda-Wiedenbrück fährt ein anderes System. Hier gibt es besonders
gekennzeichnete Windelsäcke. Diese werden im Bürgerbüro der Stadt Rheda-Wiedenbrück
ausgegeben. Maximal einen Sack pro Woche. Auch hier ist die Berechtigung über
eine ärztliche Bescheinigung im Rahmen der Inkontinenz nachzuweisen. Bei
Kindern unter drei Jahren reicht die Geburtsurkunde. Diese besonders
gekennzeichneten Windelsäcke werden zusammen mit den Restmüllgefäßen entsorgt.
Zahlen über die Inanspruchnahme bzw. die der Stadt Rheda-Wiedenbrück
entstehenden Kosten konnten nicht genannt werden.
Weitere Recherchen
ergaben, dass sich zurzeit die Stadt Harsewinkel mit diesem Thema im
politischen Raum befasst. Weitere Kommunen in unmittelbarer Nähe konnten nicht
ausgemacht werden. Eine weitere Gemeinde Prien am Chiemsee gewährt ebenfalls
einen Zuschuss für die vorgenannten Personengruppen.
Mit Blick auf die
Gebührengerechtigkeit sollte eine soziale Komponente nicht in der
Gebührensatzung verankert werden und somit den Gebührenhaushalt belasten,
sondern im Rahmen eines Zuschusses, ähnlich wie die Zuschüsse an kinderreiche
Familien zu den Abwassergebühren und zum Wassergeld, aus dem kommunalen
Haushalt finanziert werden. Folgende Personen bzw. Familien könnten einen
Zuschuss erhalten:
a)
Personen, die dauerhaft im größeren Umfang
Hygieneartikel (Windeln, Einlagen, u. Ä.) benötigen, weshalb regelmäßig größere
Restmüllmengen als üblich zu entsorgen sind. Die Personen weisen ihre
Inkontinenz durch ein ärztliches Attest nach und besitzen den Pflegegrad III
SGB XI.
b)
Familien mit zwei oder mehr Kindern, die das
dritte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Die Familien bzw. deren Kinder
sind in Sassenberg gemeldet.
Die Höhe des jährlichen
Zuschusses sollte sich an der Gebühr für einen Abfallsack nach der zurzeit
gültigen Gebührensatzung zur Satzung über die Abfallentsorgung in der Stadt
Sassenberg orientieren. Die Gebühr je Abfallsack beträgt zurzeit 5,71 €;
jährlich könnte somit ein Betrag von gerundet 65,00 € (12 × 5,71 €) als
Zuschuss gewährt werden.
Die Ermittlung der zu
erwartenden Zuschussanträge gestaltet sich schwierig. Zwar können aus den
vorliegenden Melderegister die Familien ermittelt werden, die mehr als zwei
Kinder unter drei Jahren in ihrem Haushalt wohnhaft haben. Zurzeit sind dies
rund 30 Familien.
Über die Anzahl der
Menschen, die über einen Pflegegrad III verfügen und an einer Inkontinenz
leiden, kann keine belastbare Datenlage ermittelt werden. Auch eine Rücksprache
mit der Sozialplanerin des Kreises Warendorf konnte keine weiteren Erkenntnisse
bringen, da die Daten dort auch nicht gemeindescharf vorliegen.
Aus den zuvor gemachten
Ausführungen könnte der als Anlage beigefügte Entwurf über eine Richtlinie für
die Gewährung von Zuschüssen zu den Gebühren der Abfallentsorgung entwickelt
werden.
Die Vorlage ist samt
Anlage zur Beratung in die politischen Fraktionen zu geben. Der Sozial-,
Jugend-, Kultur-, Sport-, und Schulausschuss wird sich in seiner nächsten
Sitzung erneut mit dem Thema befassen.