Betreff
Strukturreform der EUREGIO - Änderung der Rechtsform
Vorlage
10/388/2015
Aktenzeichen
10 021-23
Art
Beschlussvorlage öffentlich

Vorschlag der Verwaltung:

 

Alternative 1

 

  1. Dem als Anlage beigefügten Satzungsentwurf für den niederländisch-deutschen Zweckverband EUREGIO  wird zugestimmt. Die Stadt Sassenberg tritt dem Zweckverband EUREGIO mit der Gründung bei.
  2. Der Erhebung eines Mitgliedsbeitrages – vorbehaltlich der von der EUREGIO-Verbandsversammlung festzusetzenden Beitragsordnung – von 0,29 € pro Einwohner und Jahr wird zugestimmt, wobei bis zur Auflösung des EUREGIO e.V. die Beiträge zum grenzüberschreitenden Zweckverband mit den Beiträgen für die Mitgliedschaft im EUREGIO e.V. verrechnet werden.   
  3. Bürgermeister Josef Uphoff wird als Vertreter für die Verbandsversammlung bestellt. Als sein Vertreter wird Stadtoberverwaltungsrat Martin Kniesel benannt.
  4. Der Vertreter der Stadt Sassenberg in der Mitgliederversammlung des EUREGIO e.V. wird angewiesen, der Auflösung des EUREGIO e.V. nach erfolgreicher Gründung des grenzüberschreitenden Zweckverbandes EUREGIO zuzustimmen.
  5. Der Vertreter der Stadt Sassenberg in der Mitgliederversammlung der EUREGIO e.V. wird angewiesen, abweichend von Art. 18 der Satzung des EUREGIO e.V. der Übertragung des Vermögens der EUREGIO e.V. bei Auflösung  auf den grenzüberschreitenden Zweckverband EUREGIO zuzustimmen.

 

Alternative 2

 

  1. Die Stadt Sassenberg wird nicht Mitglied des grenzüberschreitenden Zweckverbandes EUREGIO.
  2. Der Vertreter der Stadt Sassenberg in der Mitgliederversammlung des EUREGIO e.V. wird angewiesen, der Auflösung des EUREGIO e.V. nach erfolgreicher Gründung des grenzüberschreitenden Zweckverbandes EUREGIO zuzustimmen.
  3. Der Vertreter der Stadt Sassenberg in der Mitgliederversammlung der EUREGIO e.V. wird angewiesen, abweichend von Art. 18 der Satzung des EUREGIO e.V. der Übertragung des Vermögens der EUREGIO e.V. bei Auflösung  auf den grenzüberschreitenden Zweckverband EUREGIO zuzustimmen.

 

 

DBgm.


 Die Stadt Sassenberg ist aufgrund des Beschlusses des Rates in seiner Sitzung am 15.12.1998 – Pkt. 26 der TO – seit dem 01.01.1999 Mitglied der EUREGIO. Die Mitgliedsbeiträge werden durch den Kreis Warendorf für alle Kommunen des Kreises übernommen. Die EUREGIO wird aktuell in der Rechtsform des eingetragenen Vereins geführt. Die Stadt Sassenberg hat einen Vertreter für die Mitgliederversammlung bestellt.

 

Rechtsgrundlage für den Zusammenschluss ist das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland, dem Land Niedersachsen, dem Land Nordrhein-Westfalen und dem Königreich der Niederlande über grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften und anderen öffentlichen Stellen vom 23. Mai 1991 – „Anholter Abkommen“, BGBl 1993 II, S. 843 ff.

 

Anfang Oktober 2014 teilt der EUREGIO e.V. mit, das die Absicht bestehe, zu Anfang 2016 seine Rechtsform zu ändern und im Zuge der Umwandlung in einen Zweckverband die Mitgliedsbeiträge zu harmonisieren.

 

Die EUREGIO mit Sitz in Gronau wurde 1958 als europaweit erster grenzüberschreitender Verbund dieser Art gegründet. Heute gehören ihr 129 niederländische und deutsche Gebietskörperschaften an. Die EUREGIO arbeitet, wie oben bereits erwähnt,  seit 1999 in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins (e.V.) nach deutschem Recht. Die niederländischen Kommunen zahlen ihren Mitgliedsbeitrag an die EUREGIO. Sie sind im EUREGIO-Rat und im -Vorstand paritätisch vertreten. Eine formal-juristische Mitgliedschaft in einem deutschen e.V. erschien in den Räten der niederländischen Kommunen seinerzeit jedoch nicht umsetzbar. Entsprechend verfügen die niederländischen Mitgliedskommunen anders als die deutschen Mitglieder über kein Stimmrecht bei der alljährlichen Mitgliederversammlung und sind formal-juristisch auch nicht an den EUREGIO e.V. gebunden.

 

 Gemäß ihrer Satzung nimmt die EUREGIO für ihre Mitglieder u.a. folgende Aufgaben wahr:

 

-       Förderung, Unterstützung und Koordinierung der regionalen grenzüberschreitenden Zusammenarbeit,

 

-       Entwicklung und Durchführung von grenzüberschreitenden Programmen und Projekten einschließlich Gewinnung und Verwaltung von dafür notwendigen Fördermitteln,

 

-       Beratung von Mitgliedern, Bürgern, Unternehmen, Verbänden, Behörden und andere Insti­tutionen in grenzübergreifenden Fragen (z.B. Arbeiten im Nachbarland),

 

-       Wahrnehmung der Gesamtinteressen der Mitglieder gegenüber internationalen, nationalen und anderen Institutionen,

 

-       Verwaltung des EU-Förderprogramms INTERREG (Programm-Management).

 

Die Erledigung dieser Aufgaben erfordert die Einstellung von Personal und die Unterhaltung von Büroräumen mit entsprechender Ausstattung. In der EUREGIO-Geschäftsstelle sind derzeit im Umfang von insgesamt 43,67 Vollzeitstellen 55 Mitarbeiter/innen beschäftigt, davon 49 anteilig oder ganz in Förderprojekten bzw. in der INTERREG-Verwaltung.

 

Um den sich daraus ergebenden vertraglichen Verpflichtungen nachkommen zu können, ist eine Verlässlichkeit in der Mitgliedschaft nicht nur politisch, sondern auch formal-juristisch wichtig. Dies erscheint ausschließlich in einer Rechtsform möglich, in der sowohl Niederländer als auch Deutsche ohne rechtliche Hürden Mitglied werden können. Diese neue Rechtsform soll es zudem erlauben, dass Aufgaben im Bereich der Fördermittelverwaltung wie das INTERREG-Programmmanagement auch zukünftig von den nationalen Ministerien ohne erheblichen juristischen Begründungsaufwand an die EUREGIO vergeben werden können.

 

Überlegungen, die Zusammenarbeit in der EUREGIO gesellschaftsrechtlich von dem bestehenden Verein in einen niederländisch-deutschen Zweckverband zu überführen, hat es seit dem Anholter Abkommen vom 23.05.1991 wiederholt gegeben. Aus unterschiedlichsten Gründen wurden diese Überlegungen jedoch stets wieder zurückgestellt.

 

In den EUREGIO-Gremien wurden als mögliche neue Rechtsform

 

a)    ein grenzüberschreitender Zweckverband nach dem Anholter Abkommen sowie

 

b)    ein Europäischer Verbund der territorialen Zusammenarbeit (EVTZ) diskutiert.

 

Die Prüfung der Eignung beider Rechtsformen ergab, dass beim EVTZ noch nicht endgültig geklärt wurde, ob es nach deutschem Recht als eine Körperschaft des öffentlichen Rechts einzuordnen ist und wie die steuerrechtliche Einordnung aussieht.

 

Für die EUREGIO als eine Form der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit von kommunalen Gebietskörperschaften bietet sich als Rechtsform eine Körperschaft des öffentlichen Rechts an. Diese hat gegenüber einer privatrechtlichen Rechtsform wie dem „e.V.“ haftungsrechtliche Vorteile. Die drei anderen Euregios im niederländisch-deutschen Grenzbereich, die Ems Dollart Region, die Euregio Rhein-Waal und die Euregio Rhein-Maas-Nord, sind bereits als grenzüberschreitende Zweckverbände organisiert.

 

Die EUREGIO-Verbandsversammlung würde durch die Umwandlung formal das höchste Organ, der EUREGIO-Rat das höchste politische Gremium des grenzüberschreitenden Zweckverbandes. Mitglied des EUREGIO-Rates kann – aufgrund gesetzlicher Vorgaben - zukünftig nur die- bzw. derjenige werden, die/der auch Mitglied der EUREGIO-Verbandsversammlung ist.

 

Dabei sind die Aufgaben der derzeitigen Mitgliederversammlung und die der zukünftigen EUREGIO-Verbandsversammlung vergleichbar. Aufgrund gesetzlicher Vorgaben gehen jedoch folgende zwei Aufgaben auf die EUREGIO-Verbandsversammlung über, die aktuell beim EUREGIO-Rat liegen:

 

a)    Beschlussfassung über die Gründung (Auflösung), den Erwerb (Verkauf) oder die Beteiligung (Aufgabe der Beteiligung) an Gesellschaften,

 

b)    alle die Angelegenheiten, die keinem anderen Gremium zugewiesen sind.

 

Grundsätzlich unverändert bleibt:

 

a)    die Arbeit des EUREGIO-Rates

 

b)    die Arbeit des EUREGIO-Vorstandes, dieser heißt zukünftig EUREGIO-Verbandsvorstand

 

c)    die Arbeit der EUREGIO-Ausschüsse und der EUREGIO-Themenforen

 

d)    die Unterstützung der EUREGIO-Gremien durch die Geschäftsstelle

 

Wie bisher können auch zukünftig die Mitgliedskommunen Vertreter/innen in die EUREGIO-Gremien entsenden. Dies können auf niederländischer Seite Mitglieder der Stadt- und Gemeinderäte und der Colleges von Burgemeester & Wethouders sein, bzw. bei einer neuen Mitgliedschaft von Waterschappen auch deren Vertreter, auf deutscher Seite Mitglieder der Stadt- und Gemeinderäte, der Kreistage sowie Hauptverwaltungsbeamte. Die Entsendung erfolgt gestaffelt nach ihrer Größe. Während bislang der Schlüssel für die Staffelung die Anzahl der Einwohner/innen waren, wird sich zukünftig die Anzahl von Vertreter/innen aus den geleisteten Beitragszahlungen ergeben. Diese leiten sich jedoch wiederum aus der Anzahl der Einwohner/innen ab. Alle Vertreter/innen der EUREGIO-Verbandsversammlung sind von den Kommunen neu zu benennen. Sollen die aktuellen Mitglieder des EUREGIO-Rates auch zukünftig im EUREGIO-Rat sitzen, dann müssen diese Mitglieder als Vertreter/innen für die neue EUREGIO-Verbandsversammlung benannt werden.

 

Ausschlaggebend für die Umwandlung in einen Zweckverband sind rechtliche Aspekte. Der grenzüberschreitende Zweckverband nach dem Anholter Abkommen ist eine Rechtsform, die niederländisches wie deutsches Recht berücksichtigt. Dadurch ist es in beiden Ländern möglich, formal-juristisch Mitglied bei der EUREGIO zu werden. Entsprechend werden die Mitglieder beider Länder zukünftig gleiche Rechte und Pflichten haben und in allen Gremien der EUREGIO vertreten sein. Mit dem Wechsel der Rechtsform wird auch die Haftung der Geschäftsführung neu geregelt.

 

Es ist rechtlich allerdings nicht möglich, dass der grenzüberschreitende Zweckverband die Gesamtrechtsnachfolge für den EUREGIO e.V. übernimmt. Deshalb müssen alle Verträge einzeln vom EUREGIO e.V. auf den grenzüberschreitenden Zweckverband übertragen werden. Mit Ausnahme der Mitarbeiter/innen der Regio Twente, die an die EUREGIO „detachiert“ sind, müssen alle Mitarbeiter/innen des EUREGIO e.V. entsprechend neue Arbeitsverträge erhalten. Diese sollen jedoch inhaltlich unverändert zu den jetzigen Verträgen sein.

 

In finanzieller Hinsicht wird sich durch den Wechsel der Rechtsform wenig ändern. Wohl muss aufgrund der Aufsicht durch eine deutsche Behörde von dem niederländischen auf ein deutsches Rechnungswesen umgestellt werden. Zudem können und sollen Inhalte aus dem niederländischen kommunalen Rechnungswesen wie Paragrafen mit Weerstandsvermogen, Bedrijfsvoering und Verbonden Partijen, die im nordrheinwestfälischen „Neuen Kommunalen Finanzmanagement“ nicht vorhanden sind, ergänzend im Haushalt und im Jahresabschluss der EUREGIO aufgenommen werden.

 

Aus steuerlicher Sicht wird der Rechtsformwechsel keine Änderung bewirken, weder im Hinblick auf eine mögliche Einkommenssteuer noch bezüglich der Umsatzsteuer. Mit dem zuständigen Finanzamt Münster besprochen ist der Übergang der Reserven des EUREGIO e.V. auf den grenzüberschreitenden Zweckverband, so dass hier keine Zahlungspflicht von Schenkungssteuer entstehen würde.

 

Um die Mitgliederbasis weiter zu stärken, werden derzeit Gespräche über eine mögliche Mitgliedschaft bei der EUREGIO sowohl mit der Verwaltung des Landkreises Emsland als auch mit den Waterschappen Rijn en Ijssel sowie Vechtstromen geführt. Um die Mitgliedschaft einer Waterschap im neuen grenzüberschreitenden Zweckverband zu ermöglichen, wurde der Satzungsentwurf entsprechend ergänzt.

Gleichzeitig mit der Änderung der Rechtsform soll eine Harmonisierung der Mitgliedsbeiträge erfolgen. Aktuell ist der Beitrag für die niederländischen Mitglieder (0,35 €/Einwohner/in p.a.) höher als für die deutschen (0,25 €/Einwohner/in p.a.). Der Unterschied in den Mitgliedsbeiträgen entstand in den 1980iger Jahren. Begründet wurde er u.a. durch abweichende Beiträge zu dem ersten grenzüberschreitenden Aktionsprogramm sowie für die Mozer-Kommission und zur Finanzierung des neuen Gebäudes der Geschäftsstelle. Inzwischen liegen keine wesentlichen Gründe mehr vor, auch zukünftig auf niederländischer und deutscher Seite unterschiedliche Mitgliedsbeiträge zu erheben. Da im Jahr 2004 eine Senkung der Beitragssätze erfolgte und seitdem keine Anpassung an gestiegene Personal- und Allgemeinkosten vorgenommen wurde, ist neben der Harmonisierung (+ 0,03 € pro Einwohner) nun auch eine geringfügige Erhöhung der Beiträge um 0,01 € pro Einwohner und Jahr vorgesehen. So ergibt sich ein neuer Beitrag in Höhe von 0,29 €/Einwohner/in ab 2016.

 

 

Folgender zeitlicher Ablauf für den Übergang zu der neuen Rechtsform ist geplant:

 

-       Feb./März 2015 EUREGIO-Vorstand (16.02.) und -Rat (20.03.) beschließen, den Räten und Kreistagen der Mitgliedskommunen die neue Satzung und die Harmonisierung der Mitgliedsbeiträge für deren Beschlussfassung vorzulegen

-       April-Sept. 2015 Beschlussfassungen in den Räten und Kreistagen der Mitgliedskommunen

-       Okt./Nov. 2015 Beschlussfassungen im EUREGIO-Vorstand (26.10.) und -Rat (20.11.)

-       Jan. 2016 Beschlussfassung in der Mitgliederversammlung des EUREGIO e.V.

-       Jan. 2016 Errichtung des grenzüberschreitenden Zweckverbandes EUREGIO

-        Jan. 2016 erste EUREGIO-Verbandsversammlung mit Wahl der/s Vorsitzenden der Verbandsversammlung und ihren Stellvertretern, außerordentliche Sitzung der EUREGIO-Rates mit Wahl für die Besetzung des EUREGIO-Verbandsvorstandes

-       Feb. 2016 erste Sitzung des EUREGIO-Verbandsvorstandes mit Wahl einer/s Stellvertre­ters/in und Beschluss zur Geschäftsführung

-       März 2016 Sitzung EUREGIO-Rat mit Bestellung Geschäftsführung

-       März-Juni 2016 Überführung der Verträge vom EUREGIO e.V. auf den grenzüberschreiten­den Zweckverband EUREGIO

-       Juli-Dez. 2016 Auflösung des EUREGIO e.V. und Übertragung seines Vermögens auf den grenzüberschreitenden Zweckverband

 

Nunmehr ist durch den Rat der Stadt Sassenberg zu entscheiden, ob mit der Gründung ein Beitritt zum Zweckverband erfolgen soll. Alternativ wäre zu diskutieren, ob es nicht völlig ausreichend ist, wenn der Kreis Warendorf mit der Gesamtheit seiner Einwohner dem Zweckverband beitritt. Diese Alternative wird in den Städten und Gemeinden des Kreises Warendorf durchaus unterschiedlich diskutiert. Letztlich könnte für eine Mitgliedschaft der Stadt Sassenberg die Frage der Einflussnahme in den Gremien des Zweckverbandes sein. Diese ist mit nur einer Stimme in der Verbandsversammlung wie bisher in der Mitgliederversammlung eher gering. Die Interessen der Stadt Sassenberg könnten durchaus auch durch den Kreis Warendorf, der Mitglied des Zweckverbandes wird, vertreten werden. Dafür, nicht selbst Mitglied des Zweckverbandes zu werden, spricht auch, dass eine mögliche Inanspruchnahme von Fördermitteln bereits durch die Mitgliedschaft des Kreises Warendorf im Zweckverband sichergestellt ist. Durch den Kreis Warendorf würden auch wie bisher, die Beträge an den Zweckverband gezahlt. Eine Mitgliedschaft der Stadt Sassenberg ist daher nicht zwingend erforderlich.

 

Für eine Mitgliedschaft im Zweckverband könnte das nachhaltige Signal der Zugehörigkeit und Verbundenheit der Stadt Sassenberg mit dem europäischen Gedanken und den niederländischen Nachbarn sprechen, sodass letztendlich eine politische Beurteilung maßgeblich sein wird.

 

Zuständig für die Entscheidung ist der Rat.