Vorschlag der Verwaltung:
„Die Stadt Sassenberg, vertreten durch den Bürgermeister,
tritt der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung zwischen den Städten und
Gemeinden des Kreises Warendorf ,Abrechnung der Krankenhilfeleistungen an
Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz´ -Solidarfonds- zum 01.01.2015 bei.“
Nach § 4 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) sind
die Kommunen verpflichtet, die „zur Behandlung akuter Erkrankungen und
Schmerzzustände erforderliche ärztliche und zahnärztliche Behandlung
einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln sowie sonstiger
zur Genesung, zur Besserung oder zur Linderung von Krankheiten oder Krankheitsfolgen
erforderlichen Leistungen zu gewähren. Eine Versorgung mit Zahnersatz erfolgt
nur, soweit dies im Einzelfall aus medizinischen Gründen unaufschiebbar ist.
Werdenden Müttern und Wöchnerinnen sind ärztliche und pflegerische Hilfe und
Betreuung, Hebammenhilfe, Arznei-, Verband- und Heilmittel zu gewähren.“
Außerdem sind bei Bedarf auch noch Kosten für die
Pflege gem. § 6 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) zu übernehmen.
Diese Verpflichtung zur Übernahme der
Krankenhilfekosten und der Kosten der Pflege für Flüchtlinge und Asylbewerber
stellt für die Kommunen ein finanziell nicht kalkulierbares Risiko dar. In
besonders schweren Fällen (Dialysepflicht, aufwendige Herzoperationen) haben
die Krankenhilfekosten bereits sechsstellige Höhen erreicht. Für die
kreisangehörigen Kommunen, insbesondere für kleine Gemeinden, können diese
Kostenrisiken zu einer enormen Belastung des Haushalts führen.
Zur Minderung der Risiken der
Krankenhilfekostengewährung im Kreis Warendorf ist nun geplant, einen
Solidarfonds der kreisangehörigen Städte und Gemeinden im Kreis einzurichten.
Funktionsweise des Solidarfonds:
Die gesamten tatsächlich angefallenen
Krankenhilfekosten nicht pflicht-, freiwillig- oder privatversicherter
Leistungsempfänger nach dem AsylbLG werden durch die Anzahl aller nicht
versicherten Leistungsberechtigten geteilt. Jede Kommune trägt einen Anteil am
Sozialfond im Verhältnis der nicht versicherten Leistungsberechtigten in der
Kommune zu allen nicht versicherten Leistungsberechtigten im Kreis Warendorf.
Dadurch ist jede Stadt und jede Gemeinde zwar kontinuierlich an den
Gesamtkosten beteiligt, ihr Risiko, plötzlich außergewöhnlich hohe Kosten
alleine tragen zu müssen, wird hierdurch extrem verringert.
Durchführung des Solidarfonds im Kreis Warendorf:
Durch öffentlich rechtliche Vereinbarung vom
08.01.1996 wurde bei der Stadt Ahlen für alle Städte und Gemeinden des Kreises
Warendorf eine zentrale Stelle zur Abrechnung der kassenärztlichen, kassenzahnärztlichen
Leistungen sowie Arzneimittel eingerichtet. Diese Abrechnungsstelle könnte
gegen entsprechende Kostenbeteiligung auch die Aufgabe zur Abrechnung der
Kranken- und Pflegehilfeleistungen über den Solidarfonds durchführen.
Folgende Gründe sprechen für die Einrichtung eines
Solidarfonds:
1.
Unkalkulierbares Risiko
Wie bereits im
Vorfeld ausgeführt, tragen die Risiken der Krankenhilfe für Flüchtlinge und
Asylbewerber ausschließlich die Städten und Gemeinden. Dieses Risiko ist nicht
kalkulierbar. Jederzeit kann ein nicht versicherter Leistungsempfänger schwer erkranken.
Die
zugewiesenen Menschen sind aufgrund der schrecklichen Ereignisse in ihren
Heimatländern teilweise verletzt, vorerkrankt und/oder traumatisiert. Hohe
Krankenhilfeleistungen sind im Einzelfall zu erwarten. Die
Kosten der Behandlung, Operation etc. liegen bei der jeweiligen Stadt/Gemeinde.
2.
Keine Versicherung der Leistungsberechtigten möglich und
keine Übernahme der Kosten durch Land oder Bund
Es hat seit
Einführung des AsylbLG im Jahr 1993 zahlreiche Versuche gegeben, eine andere
Lösung herbeizuführen (z. B. Versicherung der Leistungsberechtigten in der
gesetzlichen oder in einer privaten Versicherung). Dies blieb leider erfolglos.
Auch gibt es
Beispiele aus anderen Bundesländern wie z. B. Hessen, wo das Bundesland die
Risiken für Flüchtlingskrankenhilfekosten mindert. Hier werden die
Krankenhilferisiken der Kommunen auf max. 10.000 € pro Jahr und
Leistungsberechtigten beschränkt. Alle höheren Kosten werden vom Land erstattet.
Eine solche Regelung lehnte die Landesregierung NRW jedoch bei der
verabschiedeten Novelle des Flüchtlingsaufnahmegesetzes im Herbst 2013 ab, so
dass das volle Krankenhilferisiko weiterhin allein bei den Kommunen liegt.
Des Weiteren
macht auch der Referentenentwurf zum neuen AsylbLG keine großen Hoffnungen,
dass die Kosten der Krankenhilfe zukünftig als gesamtgesellschaftliche Aufgabe
verstanden werden und durch den Bund bzw. durch eine gesetzliche
Krankenversicherung übernommen werden. Die Städte und Gemeinden werden lt.
diesem Entwurf weiterhin die unabsehbaren Risiken tragen müssen.
3.
Starker
Anstieg der Flüchtlings- und Asylbewerberzahlen
Nach Veröffentlichungen des Bundesamtes für Migration und
Flüchtlinge ist auch weiterhin mit einer steigenden Zahl der Asylerstanträge zu
rechnen. Seit dem Jahre 2010 steigt die Zahl kontinuierlich und stark an.
Lt. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sind die
monatlichen Asylerstantragszahlen im Jahresvergleich Mai 2013 zu Mai 2014 um
insgesamt fast 50 % angestiegen. Das bedeutet für die Kommunen, dass die Anzahl
der Krankenhilfeempfänger nach dem AsylbLG in den vergangenen Jahren stetig
angestiegen ist und weiter ansteigen wird. Das Risiko, dass für eine
schwersterkrankte Person Kosten durch die Kommune zu übernehmen sind, steigt
somit kontinuierlich. Hat der Kreis Warendorf im Jahr 2013 399 neue
Asylbewerber aufnehmen müssen, so waren es in diesem Jahr bis zum 31.07.2014
bereits 356 Menschen. Für das Jahr 2014 wird mit einer Zahl von 600 neuen
Asylbewerbern gerechnet. Hierbei sind die sog. Duldungsfälle noch nicht einmal
berücksichtigt. Bundesweit wird in diesem Jahr mit insgesamt 200.000
Asylbewerbern gerechnet. Solch hohe Zahlen wurden letztmalig Anfang der 90er
Jahre verzeichnet. Für die Stadt Sassenberg betrachtet, fielen im abgelaufenen
Jahr 2013 insgesamt rd. 18.500,00 € an Krankenhilfekosten an. Durchschnittlich
waren 23 Flüchtlinge/Asylbewerber nicht krankenversichert. Im Jahr 2014 sind
bis zum 30.06.2014 Krankenhilfekosten in einer Größenordnung von rd. 12.500,00
€ angefallen. Hier betrug die durchschnittliche Zahl der nichtversicherten
Flüchtlinge/Asylbewerber 29.
4.
Derzeit
kein außergewöhnlich teuer Fall im Kreisgebiet
Die Einrichtung des Solidarfonds wird nicht von einer
besonders betroffenen Kommune forciert, um hierdurch bestehende hohe
Krankenhilfekostenverpflichtungen auf weitere Städte und Gemeinden zu
verteilen. Allerdings ist den Städten und Gemeinden bewusst, dass jederzeit der
Fall eintreten kann, dass ein schwer kranker Leistungsempfänger auf Kosten der
jeweiligen Kommune behandelt werden muss.
5.
Einheitliche
Datenerhebung und Auswertung möglich
Die Städte und Gemeinden im Kreis Warendorf nutzen das
IT-Verfahren „LÄMMkom“ u. a. auch für die Gewährung von Leistungen nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz. Somit kann eine einheitliche Datenerfassung und
Auswertung erfolgen. Dieses ist wichtig, um die Abrechnung der Kranken- und
Pflegehilfe möglichst einfach zu gestalten.
Angedacht ist ferner, dass im Rahmen eines „Controllings“
sehr teure Krankenhilfe und alle Pflegehilfefälle ein- bis zweimal jährlich von
einem kleinen Team besonders betrachtet werden. In diesen Fällen muss dann
gemeinsam mit dem Ausländeramt über das mögliche weitere Vorgehen gesprochen
werden.
Nach Auffassung der Verwaltung ist
die Einrichtung eines Solidarfonds für die Gewährung von Kranken- und
Pflegehilfe nach dem AsylbLG eine sinnvolle Maßnahme, die Risiken der einzelnen
Kommune zu begrenzen. Sicherlich wären größere Systeme noch besser (z. B. auf
Landes- oder Bundesebene). Wie jedoch unter Punkt 2 dargestellt, ist hiermit
nicht zu rechnen.
Die Umsetzung eines solchen
Solidarfonds würde im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung
geregelt. Der Entwurf einer solchen Vereinbarung ist als Anlage beigefügt.