Sitzung: 04.11.2021 Betriebsausschuss für das Wasserwerk und das Abwasserwerk
Beschluss: Kenntnis genommen
Von Betriebsleiter Middendorf wird ausgeführt, dass das Ing.-Büro
Frilling+Rolfs, Herr Varnhorn, aus aktuellem Anlass gebeten wurde, den Aufwand
hinsichtlich einer Betrachtung der Gefährdung der Stadt Sassenberg durch
Hochwasser und Starkregen vorzunehmen. Mit Schreiben vom 24.09.2021 sind von
Herrn Varnhorn nähere Erläuterungen vorgelegt worden. Hier wird zunächst auf
die Unterscheidung zwischen einem Hochwasserereignis und einem
Starkregenereignis eingegangen.
Ein Hochwasserereignis wird in der Regel durch langanhaltende
Niederschläge hervorgerufen. Diese Niederschläge führen zu einem langsamen
Anstieg des Wasserspiegels in den Gewässern oder verursachen durch Zuflüsse aus
angeschlossenen Nebengewässern Flutwellen, die ein Anschwellen und ein
Abklingen der Wasserspiegellagen erzeugt. Mit Starkregenereignissen sind Ereignisse
verbunden, bei denen in kurzen Zeiträumen lokal hoher Niederschlag zu
verzeichnen ist. Diese Starkregenereignisse verursachen in den Gewässern in der
Regel hohe Flutwellen. Dort wo das Ereignis stattfindet, führt der Starkregen
zu momentanen Überflutungen innerhalb zum Teil sehr kurzen Zeiträumen, da die
Kanalisationen für die anfallenden Mengen in der Regel nicht ausgelegt sind.
Wie Betriebsleiter Middendorf weiter ausführt, wurde für Überflutungen
aus Gewässern im Rahmen der Umsetzung der EU-Hochwasserrahmenrichtlinie
landesweit durch die Bezirksregierungen eine Hochwasserrisikomanagementplanung
erstellt und veröffentlicht. Anhand entsprechender Hochwasserrisikokarten wird
vom ihm beispielhaft die Situation für die Ortslage Sassenberg erläutert.
Zum Starkregenmanagement hat Herr Varnhorn ausgeführt, dass umfangreiche
Vorermittlungen zum Kanalnetz, mit Schwachstellenanalysen, vorzunehmen sind.
Hier könne gegebenenfalls auf den zentralen Abwasserplan (ZAP) zurückgegriffen
werden. Des Weiteren sind als Grundlage die Niederschlagsspenden und
Intensitäten sowie die zeitlichen Folgen festzulegen. Starkregengefahrenkarten
stellen somit die Gefahren durch Überflutung infolge starker Abflussbildung auf
der Geländeoberfläche nach Starkregen dar. Sie zeigen die Fließwege des
Oberflächenabflusses zum oberirdischen Gewässer auf.
Am 19.10.2021 hat mit Herrn Varnhorn ein Abstimmungsgespräch
stattgefunden. Hierbei ist von ihm darauf verwiesen worden, dass generell die
durch Starkregen gefährdeten Bereiche mit verschiedenen Verfahren identifiziert
werden können. Auf die Erstellung topografischer bzw. hydraulische
Gefährdungsanalysen wird verweisen. Im Weiteren ist die Planungsgrundlage ZAP
von ihm angesprochen worden. Im ZAP wird auf der Basis entsprechender Berechnungsvorgaben
der hydraulische Zustand aller Abwasserkanäle nachgewiesen.
Der ZAP für die Stadt Sassenberg ist in den 80-er Jahre erstellt worden.
Betriebsleiter Middendorf führt aus, dass im Hinblick darauf, dass für die
späteren Genehmigungsverfahren zu den Kläranlagen, zum Kanalnetz und zum
Abwasserbeseitigungskonzept nicht auf den ZAP zurückgegriffen werden musste,
seither eine Fortschreibung nicht erfolgt ist.
Herr Varnhorn hat als Anhaltspunkt aus aktuellen Maßnahmen darauf
verwiesen, dass bei einer Kanallänge von rd. 90 km an Regen- und
Mischwasserkanäle von Honorarkosten im Bereich von rd. 160.000 € netto
ausgegangen werden könne. Als positiv hat Herr Varnhorn die Tatsache bewertet,
dass das Kanalkataster auf aktuellem Stand ist. Herr Varnhorn ist gebeten
worden, ein entsprechendes Honorarangebot vorzulegen.
Auf der Basis des aktualisierten ZAP kann in der Folge die
Starkregenbetrachtung vorgenommen werden. Die Starkregengefahrenkarten und die
darauf basierende Risikoanalyse liefern die Grundlage zur Erstellung eines
kommunalen Handlungskonzeptes zur Vermeidung oder Minderung von Schäden infolge
von Starkregenereignissen. Hieraus können sich für eine Reihe von Bereiche wie
Flächen- und Bauvorsorge, Optimierung im Kanalnetz, technische Schutzeinrichtungen,
Krisenmanagement, Katastrophenschutz und Gefahrenabwehr
Handlungsnotwendigkeiten darstellen. Insbesondere im Bereich möglicher
Kanalbaumaßnahmen durch erforderliche Anpassungen der Dimensionierung kann sich
ein erheblicher Investitionsbedarf ergeben.
Abschließend verweist Betriebsleiter Middendorf darauf, dass die
Kommunen grundsätzlich nicht dazu verpflichtet sind, die Kanalisation für
extreme Niederschlagsereignisse auszulegen. Eine Dimensionierung der
Kanalisation für die niedrige Wahrscheinlichkeit ist ausreichend. Es obliegt
den Kommunen, auf freiwilliger Basis auch weitergehende Planungen zu entwickeln
und umzusetzen. Insofern muss hier nach Auffassung der Betriebsleitung eine
entsprechende politische Beschlusslage herbeigeführt werden.
In der folgenden Beratung wird es seitens des Ausschusses für
erforderlich gehalten, diese Problematik im Hinblick auf mögliche
Vorsorgemaßnahmen weiter zu verfolgen und hierzu weitere Informationen
einzuholen. Von Sachk. Bürger Wöstmann wird in diesem Zusammenhang darauf
verwiesen, dass neben der Aktualisierung des ZAP die Betrachtungen zur
Geländetopografie ein erster Schritt sein sollten. Hierzu führt Betriebsleiter
Middendorf an, dass aktuell seitens des Landes NRW entsprechende
Topografiemodelle erarbeitet werden. Im Weiteren spricht sachk. Bürger Wöstmann
die Ausweitung von Versickerungsmöglichkeiten sowie die Thematik „Schwammstadt“
an.
Auf die Frage von Am. Hartmann-Niemerg verweist Betriebsleiter
Middendorf darauf, dass sich die Finanzierung der Honorarkosten über mehrere
Jahre erstrecken wird, so dass ggf. in 2022 mit entsprechende Arbeiten begonnen
werden kann. Am. Büdenbender spricht sich dafür aus, die Thematik mit Augenmaß
anzugehen und in den Fraktionen zu beraten. Hierzu verweist er darauf, dass keine
rechtliche Notwendigkeit besteht und dass die Verhältnisse in den
Hochwassergebieten von den hiesigen abweichen. Diese Auffassung wird auch von
Am. Weiß geteilt.
Der Vorsitzende und Bgm. Uphoff führen aus,
dass auch seitens der Bevölkerung ein entsprechendes Bewusstsein vorhanden ist,
so dass hier ein kommunaler Handlungsbedarf gesehen wird. Der Vorsitzende hält
im weiteren eine Beratung in den Fraktionen für sinnvoll. In einer der nächsten
Sitzungen kann dann eine weitere Beratung, ggf. unter Beteiligung des
Ing.-Büros Frilling+Rolfs, erfolgen.